Wer, wie, was, wann, wo und vieleicht warum.
Inzwischen läuft es beim Online-Journalismus seicht und schlicht – als schlimmes Beispiel öffne man die GMX-Seite – darauf hinaus, keine vernünftigen Artikel mehr zu schreiben, sondern jeden mit einer Frage anzureißen. Dieser Unfug wird Clickbait genannt und dient dazu, mit Anklicken zu ködern. Nach dem Anklicken wird man allerdings enttäuscht, weil das, was ein Artikel verspricht, nicht gehalten wird.
Auch beim Offline-Journalismus ist man kaum weiter. Man folgt immer den gleichen Ansätzen und nennt das kurioserweise seriös. Was aber ist seriös daran, in nahezu jedem Beitrag nicht auf das eigentliche Thema einsteigen, sondern jeden Beitrag derart zu personalisierten, damit auch die Dümmsten das noch verstehen?
Sagt mir etwa ARD-Panorama, die Arbeitsagentur habe sich bei Bescheiden berechnet, so wird erstmal Frau X aus Y, die seit Z Jahren gezeigt. Im Off-Kommentar deutet man etwas an, das Frau X dann im O-Ton ergänzt. Zu guter Letzt wird erklärt, der Widerspruch zum Bescheid sei noch offen.
Als nicht ganz Bildungsferner frage ich mich: Was sollte überhaupt dieser Beitrag aussagen, der altbekannte Fragen aufwirfst, ohne sie zu beantworten.
Das mögen zwar keine Fake-News sein – wie die öffentlich-gebrechlichen Sender fortwährend erklären –, aber "Verarschung des Publikums" dürfte es sowieso besser treffen.





"(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt."
Angesichts der Zwangsumstellung von analog zu digital, was Fernsehen und Telekommunikation betrifft, frage ich mich, wie man sich unterrichten solle, wenn man das nicht mitmachen möchte resp. den Preis dafür nicht zahlen wolle. Besonders für Empfänger staatlicher Leistungen bedeutet das einen Mehraufwand, den die letzten Familienministerinnen Ursula von der Leyen, Kristina Schröder, Manuela Schwesig bis Katarina Barley nicht sehen wollten und wollen. Wo kämen wir denn dahin, wenn dumbe Hartz-IV-Empfänger auch einmal ihre Rechte statt Pflichten erwähnten?
Auch sei gefragt, was mit "allgemein zugänglichen Quellen" gemeint ist? Wenn am Kiosk um die Ecke nur "Blöd"-Zeitung und das hiesige Lokalblatt zu erhalten ist, wäre das dann eine solche Quelle?
Und was ist mit "Quellen" überhaupt gemeint. Die öffentlich-rechtlichen Medien können es ja wohl nicht sein, wenn in den Räten Institutionsbonzen aus Politik, Kirche und Gewerkschaft sitzen. Und die frei verkäuflichen Print- und TV-Medien sind nicht zur Meinungsbildung gedacht oder den Lesern verpflichtet, sondern ihren Anzeigengebern.
In Deutschland muss man sich seine Meinung leisten können.
Unlängst entdeckte ich das Program MediathekView. Damit lassen sich bequem Dokumentationen und Reportagen auf den eigenen Computer speichern. Gerade wenn man nicht stets streamen oder alle Mediatheken einzeln durchstöbern will. Der Clou ist, dass das Herunterladen erheblich schneller abläuft, als die eigentliche Sendung dauert.
Zwar lassen sich nur die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender, nebst einigen Dritten sowie ORF und SF, durchstöbern, doch das Angebot ist reichhaltig.
Sehr angenehm ist, die Sendungen wahlweise in drei verschiedenen Bildqualitäten abzuspeichern. So braucht man fürs Einmalgucken einer 45-Minuten-Sendung nicht unbedingt HD mit über einem Gigabyte, wenn es auch die Fassung mit 150 MB tut – der Ton ist jedoch bei allen dreien von gleicher, guter Qualität.
Homepage: https://mediathekview.de/
Sehe ich deren Artikel in mehr oder minder wichtigen Publikationen, wirkt alles wie geleckt: gute Rechtschreibung, gute Zeichensetzung, gut formatiert.
Doch lese ich privat etwas von diesen Menschen oder deren Blogs, kommen sie mir oft wie Stümper vor. Sie beherrschen das Wort, mit dem sie es mutmaßlich täglich zu tun haben, nicht?
Beispielsweise wird alles klein geschrieben, die Zeichensetzung benutzt, wie man lustig ist, oder statt den Text so zu formatieren, das er leserlich ist, wird er als Block verschickt.
Wie wäre es etwa, wenn ich meine obigen Zeilen genauso schriebe? Bitte schön:
Eins erstaunt mich immerwieder bei Journalisten: Sehe ich deren Artikel in mehr minder wichtigen Publikationen,, wirkt alles wie geleckt- gute Rechtschreibung,gute Zeichensetzung,gut formatiert . Doch lese ich privat etwas von diesen Menschen oder deren Blogs,kommen sie mir oftwie Stümper vor.Sie beherrschen das Wort, mit dem sie es mutmaßlich täglich zu tun haben, nicht ? Bspw wird alles klein geschrieben, die Zeichensetzung benutzt als wie man lustig ist, oder statt den Text sozu formatieren, dass er leserlich ist , wird er als Block verschickt.
Sähe das besser aus?
Erstaunlich und immer und immer und immer wieder verwundernswert finde ich zweierlei bei diesem Journalisten- und Politikerpack:
- Sie trauen sich besonders dann gern aus ihren gemütlichen, gutbezahlten Bürosesseln, wenn sie wissen, daß ihnen mit ihren Behauptungen und Forderungen nichts passieren kann. Dabei rennen sie doch bloß offene Türen ein – offene Türen, die bereits lange bestanden und bemerkenswert gewesen wären. Anscheinend wartet man aber lieber den Zeitpunkt ab, an dem die hohlen Aussagen ankommen.
- Jahre-, wenn nicht jahrzehntelang halten besonders gern Journalisten die Füße still. Doch kaum taucht ein schöner Skandal auf, haben sie plötzlich alle Themen und Argumente dazu parat. Recherche in Lichtgeschwindigkeit? Wohl kaum. Es kommt mir eher vor, als lägen die entsprechenden Dossiers in den Schubladen und dösten, bis sie gebraucht werden und sich vielleicht irgendeine dieser "Edelfedern" wieder einen Namen machen darf, weil er so fürchterlich investigativ war.
Vierte Gewalt werden die Medien genannt – in meinen Augen gleichen sie eher einer vierten Vergewaltigung!
So weit, so schlecht.
Der Witz bei der Sache ist: Der Bundestag entscheidet über den Richtersold! Und zwar über das Bundesbesoldungsgesetz. Das heißt, die Abgeordneten spendieren sich über die Hintertür ihre Diäten.
Aber bis zur nächsten Wahl wird das eh wieder vergessen sein. Denn jede Nachrichtensau, die durchs Dorf getrieben wird, ist spätestens nach drei Monaten vergessen. Warum also nicht wieder den gleichen Krempel wählen wie beim letzten Male?
So ist es folgerichtig und sinnvoll, daß die verantwortlichen Politiker die Schuld lieber den Leistungsempfängern zuschieben, und solche "Schmarotzer"-Botschaften werden gehorsam von den Massenmedien verbreitet, wenn sie nicht gar in dieselbe Kerbe hauen, wie etwa die Zeitungs- und Fernsehbeiträge zeigen, die regelmäßig zur Spargelerntezeit veröffentlicht werden.
Nun ist Spargelerntezeit und - oh, siehe da! - schon kommen die Journalisten des ZDF erschöpft von der Feldarbeitsfront zurück, um tief im Propagandahumus zu wühlen und mit dreckigen Fingern aufzugreifen, wie faul doch wieder einmal das deutsche Arbeitslosenpack ist, bevor man sich nach geleisteter Enthüllung mit anderen "Edelfedern" zu diesem oder jenem Fläschen Dom Pérignon verabredet.
Denn für solch eine investigative "Öffentlichkeitsarbeit" müssen die Journalisten einfach fürstlich entlohnt werden, wenn sie nicht müde werden, sie Jahr für Jahr wiederholen. Oder sollte man annehmen, diese Leute schreiben stets das gleiche, weil sie entweder zu dumm oder zu faul sind, wenigstens etwas Phantasie oder Denkvermögen walten zu lassen?
Solche Journalisten sollten, quasi als "Feldversuch", selbst für einige Wochen den Korrekturstift gegen das Spargelstechmesser austauschen, damit auch sie einmal berechtigt buckeln und nicht bloß vor jenen Kreisen, die ihnen das ständige Agitieren versilbern.
Feldarbeit - nein danke!
ZDF, ZDF.reporter, 16.05.2007, 21.00 Uhr
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/31/0,1872,5415807,00.html
PS: Kleine Scherzfrage am Rande: Wer war zuerst da: Henne oder Ei, debile Zuschauer oder Kommerzfernsehen, Journalist oder Hund(t)?
Eine Analyse zu einem Beitrag im Spiegel Nr. 17/2007 vom 23.4.2007 mit dem Titel: "Wirtschaftswunder 2.0"
Von Albrecht Müller
Vorbemerkung:
Immer noch wird der "Spiegel" in manchen Kreisen als Nachrichtenmagazin und als ein relativ kritisches Organ betrachtet. Tatsächlich ist der Spiegel heute wirtschaftspolitisch zu einem einseitig ideologisch ausgerichteten Kampforgan geworden. Ausgeklügelte Kampagnen der Meinungsbeeinflussung zu Gunsten zum Beispiel der Versicherungswirtschaft und der Banken bestimmen über weite Strecken die Berichte und Kommentare zu Demographie und Altersvorsorge. Genauso engagiert sich der Spiegel seit Jahren für die so genannte Reformpolitik. Das Blatt hat ausführlich daran mitgearbeitet, unser Land und seine sozialen Strukturen in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen. Dramatisierung war und ist an der Tagesordnung. Dafür steht schon der Leiter des Berliner Büros des Spiegel, Gabor Steingart, mit seinen Büchern über den angeblichen "Abstieg des Superstars" Deutschland und den angeblich ausbrechenden Wirtschafts-Weltkrieg. Und jetzt entdeckt der Spiegel plötzlich ein leibhaftiges Wirtschaftswunder.
Gegen Meinungsäußerungen und Bewertungen wäre an sich noch nichts einzuwenden. Was uns aber in dem zu kommentierenden Beitrag an Übertreibungen geboten wird, ist nicht mehr erträglich. Und dass viele Fakten nicht stimmen oder falsch interpretiert sind, zeigt, wie der Spiegel arbeitet:
[mehr...]
Jedenfalls würde man gerne erleben, wie die Werbetexter, die sich diesen Schwachsinn ausgedacht haben, einem fünfzigjährigen Ingenieur erklären, dass er seinen Arbeitsplatz nur deswegen verloren hat, weil er vergaß, dass auch August Thyssen, Ferdinand Porsche oder andere berühmte Werktätige der deutschen Vergangenheit einmal klein angefangen haben. »Du bist Thyssen« – »Du bist Porsche«. Gewiss doch! Gewiss hätte unser Ingenieur das Zeug dazu, ein Porsche zu werden, wenn seine Fähigkeiten dazu nur auf dem Markt nachgefragt würden. Muss man den Initiatoren der Kampagne, die aus der Medienwirtschaft kommen, erst eigens erklären, dass unsere Probleme auf einem Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage beruhen, dass Kapital knapp geblieben, Arbeitskraft aber im Überfluss vorhanden ist?
Das ist ein gewichtiger Punkt: Angebot und Nachfrage! Es gibt ja nicht fünf Millionen Arbeitslose, weil die allesamt faul und lieber losgelöst von Arbeit wären, wie dies auf so manchen Politiker zutrifft, sondern ihre Arbeitskraft ist auf dem Markt schlichtweg nicht gefragt. Doch diese Wahrheit nehmen die Regierenden ungern in den Mund, wäre doch damit für jedermann ersichtlich, daß all die Auseinandersetzungen um Ein-Euro-Jobs, Kombilöhne, ALG2 usw. lediglich Scheindiskussionen wären, die am eigentlichen Thema vorbeigingen.
So ist es folgerichtig und sinnvoll, daß die verantwortlichen Politiker die Schuld lieber den Leistungsempfängern zuschieben, und solche "Schmarotzer"-Botschaften werden gehorsam von den Massenmedien verbreitet, wenn sie nicht gar in dieselbe Kerbe hauen, wie etwa die Zeitungs- und Fernsehbeiträge zeigen, die regelmäßig zur Spargelerntezeit veröffentlicht werden.
"Leistung muß sich wieder lohnen!" Solche und ähnliche Sprüche geben Politiker gerne von sich, wenn sie sonst nichts zu sagen wissen. Das klingt gut, das kommt gut rüber, das scheint etwas auszusagen - doch es ist ebenso inhaltslos wie die eingangs erwähnte Kampagne.
Denn hinter Worten müssen auch Taten stehen!
Wäre es nämlich tatsächlich der Fall, daß sich Leistung (wieder) lohnte, wäre jede Debatte über "Sozialschmarotzer" und "Du bist Deutschland" hinfällig. Dann gäbe es ja keine Unzufriedenheit, die mit zynischen Politikersprüchen und bertelsmännischen Wohlfühlkampagnen bekämpft werden müßte.
Du bist Werbeagentur - Die Deutschlandkampagne
Jens Jessen, Die Zeit, Ausg. 41/2005
http://www.zeit.de/2005/41/Spitze_41
Oh du schöne Spargelzeit...
Westpol (WDR)
http://www.wdr.de/tv/westpol/beitrag/2006/05/20060507_spargel.jhtml
(Angesichts der vielen Rechtschreibfehler, die das Sendemanuskript enthält, sollte der WDR sich vielleicht einen Korrektor leisten, statt auch ihn aufs Spargelfeld schicken zu wollen.)
Vom Heuschrecken- zum Hunger-Müntefering
Saar-Echo, 18.05.2006
http://www.saar-echo.de/de/art.php?a=32023
Alles "Parasiten"?!
Björn Radke (WASG)
http://www.w-asg.de/28+M5e787181028.html
Wann immer es nötig war, habe ich die GEZ-Gebühren verteidigt. Denn es mußte einen quotenunabhängigen Kontrast zu den Kommerzmedien geben, und dieser Ansicht bin ich nach wie vor. Allerdings gehen mir allmählich die Argumente aus, denn worin unterscheiden sich dramatisch die subventionierten noch von den privaten Sendern? Dazu fällt mir nicht viel ein, denn: Politmagazine kürzte man um eine Viertelstunde, Information verwandelte sich zu Infotainment, Dokumentationen wurden vermehrt trivial.
So nimmt es nicht wunder, wenn etwa das ZDF Plakatwände mit dem Spruch "Mit dem Zweiten sieht man besser" vollkleistern läßt. Das Programm wirbt nicht für sich selbst, ergo müssen die Zuschauern mit solch einer alberner Werbung - bezahlt mit GEZ-Gebühren?! - "überzeugt" werden. Indessen geht die ARD offenbar einen anderen Weg. Weil sie über so viele Sendeanstalten verfügt, wird einfach auf allen dritten Kanälen ein ähnliches Programm gezeigt, so daß der Zuschauer glaubt, er habe die freie Entscheidung. Die hat er auf alle Fälle, zum Beispiel heute abend:
- Närrische Hitparade 2007 (WDR)
- Schwäbische Fasnet aus Esslingen (SWR)
- Franken Helau (BR)
- Niederhöchstadt feiert Fassenacht (HR)
- Das große Wunschkonzert (NDR)
- Straße der Lieder (MDR)
- Heut' steppt der Adler (RBB)
Nicht daß hier ein falscher Eindruck entsteht: Meinetwegen sollen sich die Menschen dazu animieren lassen, auf dem heimischen Sofa mit der Oma zum Powerschunkeln anzusetzen und viel Spaß daran zu haben. Sehr angenehm wäre es jedoch, böte die ARD dieselbe Hingabe mit derselben Vielfalt in derselben Ausführlichkeit, wie sie derzeit dem Karneval gilt, für anspruchsvollere Sendungen auf. So finde ich es beispielsweise bedauerlich, daß es zu den Schachweltmeisterschaften schon lange keine entsprechenden Begleitsendungen mehr gibt, und der Fernsehschachpreis Schach der Großmeister wurde im Jahre 2005 endgültig eingestellt.
Freilich, nicht jeder wird es für unterhaltsam halten, wenn zwei Großmeister wie Helmut Pfleger und Vlastimil Hort amüsant weltmeisterliche Schachpartien analysieren. Aber bemüht lustige Karnevalssitzungen sind schließlich auch nicht jedermanns Sache!
Ein bißchen Literatur:
Die Quoten-Idioten - Warum ARD und ZDF die Zuschauer verachten
Die Zeit, Ausg. 36/2000
http://www.zeit.de/archiv/2000/36/200036_fernsehen.xml?page=all
(Ein hervorragender Artikel von Jens Jessen.)
Das Ende einer Ära - Zum letzten Mal: Schach der Großmeister
Chessbase News
http://www.chessbase.de/nachrichten.asp?newsid=4651
Der Zugbegleiter
Die Zeit, Ausg. 48/2006
http://www.zeit.de/2006/48/Portraet-Helmut-Pfleger?page=all
(Ein Porträt des Schachgroßmeisters Helmut Pfleger. Leider ist der Artikel arg verkitscht.)
Vergeblich suchte man jedoch hinter diesen Schlagzeilen genauere Zahlen, etwa wie viel durch Mißbrauch dem Staate verlorengeht oder wie hoch die Zahl der Hinterzieher eigentlich ist. Erst ein Blick auf die NachDenkSeiten brachte mehr Licht in diese Angelegenheit:
"Ganz versprengt, in der Thüringer Allgemeinen findet man eine knappe Meldung der Bundesagentur für Arbeit: Nach belastbaren Zahlen seien lediglich 26 Millionen Euro an Leistungen zu Unrecht ausgezahlt worden. Allenfalls 5 % der Langzeitarbeitslosen hätten Alg II zu Unrecht neben weiteren, nicht angegebenen Einkünften erhalten."
Über einen weiteren Link gelangt man schließlich zu einem Blog-Eintrag bei Pickings.de: "Wissenschaftliche Studien zum Missbrauch von Sozialleistungen nicht bekannt".
Kurz gesagt: Mitte Dezember 2005 hatte die Fraktion der Linkspartei die Bundesregierung gebeten, einige erklärende Aussagen zu dem im August 2005 erschienenen Report "Vorrang für die Anständigen - Gegen Missbrauch, 'Abzocke' und Selbstbedienung im Sozialstaat" abzugeben. Was die Bundesregierung daraufhin als Erklärung abgab, muß man sich auf der Zunge zergehen lassen (siehe Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage (...) - Drucksache 16/222):
"Ziel des Reports war es, durch die pointierte Darstellung von ausgewählten Fällen die Öffentlichkeit auf die Problematik des Leistungsmissbrauchs aufmerksam zu machen. Eine wissenschaftliche Begleitung war zur Erreichung dieses Zieles nicht erforderlich."
Pardon, liebe Bundesregierung, aber worin besteht die "Problematik des Leistungsmißbrauchs", wenn diese nicht durch stichhaltige Argumente untermauert wird? In gleicher Weise könnte man sich Einzelfälle herauspicken, in denen Politiker ungerechtfertigt "Schatteneinkommen" (Einkommen aus Regierungs- und Abgeordnetenmandat) bezogen haben, in illegaler Weise Spenden annahmen und die Spendernamen flugs "vergaßen" oder sogenannte Privatkredite von überaus freundlichen Lobbyisten erhielten - all diese Fälle sind aktenkundig -, und diese Einzelfälle ließen sich auf das Gros der Politiker übertragen. Eines Argument oder gar eines Beweises bedürfte es dazu nicht; es genügte allein die Behauptung, wie die Bundesregierung sehr deutlich zeigt.
"Der Bundesregierung sind wissenschaftliche Studien bezüglich des Missbrauchs von Sozialleistungen durch die Bezieher der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder über die Höhe des Missbrauchs von Eingliederungsleistungen, die auf der Grundlage der zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Grundsicherung für Arbeitsuchende gewährt wurden, durch Unternehmen nicht bekannt."
Erneut bitte ich um Pardon, liebe Bundesregierung, aber wenn Sie nun zum zweiten Male bekennen, daß es weder wissenschaftliche Studien noch genaue Zahlen gab, Sie also lediglich zu Einzelfällen griffen, so ist in dieser "pointierten Darstellung von ausgewählten Fällen" nur eines zu sehen: Das Aufhetzen des (noch arbeitenden) Volkes gegen Arbeitslose, um von der eigenen Inkompetenz, wenn nicht gar der eigenen Korrumpierung abzulenken. Mit Unterstützung der Wirtschaft und der Medien schaffen Sie ein soziales Klima, das allmählich das Volk entsolidarisieren soll und so den Weg für weitere "Reformen" bereitet, die dann natürlich notwendig werden.
Dies gleicht einer selbsterfüllenden Prophezeiiung.
Wie weit wollen Sie das noch treiben: heute mißbrauchen Arbeitslose das Hartz IV, morgen mißbrauchen Behinderte den Grundsicherungsanspruch, übermorgen mißbrauchen alte Menschen die Pflegeversicherung?
Klingt dieser Vorwurf möglicherweise allzu drastisch? Au contraire! Denn wie wir nun begriffen haben sollten, braucht unsere Regierung weder Argumente noch Beweise, um gegen bestimmte Bevölkerungsgeschichten zu hetzen. In einer anständigen Demokratie hätte solch eine Hetze freilich keinerlei Chance. Doch dank der freundlichen Unterstützung von Wirtschaft und etablierten Medien wird ihr in unzähligen Ausführungen und Reportagen ein scheinbar argumentativer Anstrich verliehen, bis selbst der letzte Kritiker zu der Einsicht gelangt:
Irgend etwas Wahres muß an der Sache schon dran sein!
Siehe auch:
- Neues Deutschland, 06.06.2006: BA dementiert Betrugspropaganda
Nachtrag: Dieser Artikel erschien am 11.06.2006 bei www.gerhard-wisnewski.de.
So kündigte Moderatorin Gabi Bauer den folgenden Bericht damit an, es werde der "perfekteste" Rollrasen in den WM-Stadien verlegt. Vielleicht kann Frau Bauer ja in der nächsten Sendung einmal definieren, was noch perfekter als perfekt ist. Dann könnte sie außerdem erklären, was sie meint, wenn sie von "WM-mäßig" spricht: hinsichtlich der WM, die WM betreffend oder gar eine mäßige WM?
In dem Bericht über die Verlegung des Rollrasens durfte sich auch dessen Züchter äußern. Daß er ein Holländer ist, mußte man sich jedoch zusammenreimen, weil die Einblendung unter seinem Namen eher einer grammatischen Hieroglyphe glich: "Rasenzüchter Holland". Dabei wäre es doch überhaupt nicht schwer gewesen, eine halbwegs akzeptable Beschreibung zu basteln: Rasenzüchter aus Holland oder Holländischer Rasenzüchter oder wenigstens Rasenzüchter (Holland). Aber das scheint bereits zu schwer für deutschsprachige Redakteure zu sein.
Freilich kann man dies als Erbsenzählerei - oder in diesem Falle: Grashalmezählerei - abtun, denn es wird kaum jemanden geben, der die deutsche Sprache perfekt beherrscht. Darum geht es auch nicht. Es geht darum, daß ausgerechnet die Menschen, zu deren Handwerkszeug die deutsche Sprache gehören sollte, mit jedem Tag ein neues Armutszeugnis abliefern, so daß man sich fragt, welche Qualifikation in den Medien überhaupt gefragt ist - dummes Zeug reden und schreiben kann es ja wohl nicht sein.
Und wohlgemerkt: Es sind die gleichen Medien, die vor wenigen Jahren unaufhörlich über das Thema PISA-Studie berichteten! Es zeugt von Peinlichkeit und gewisser Komik, wenn sich ausgerechnet diejenigen über mangelndes Wissens beklagen, die ihr eigenes verlottern lassen.
Oops, someone did it again?!
Denn natürlich heißt es nicht baff erstaunt. Entweder ist man baff oder man ist bass erstaunt, wie bereits der "Zwiebelfisch" Bastian Sick schrieb: ZWIEBELFISCH-ABC.
Doch auch öffentlich-rechtliche Sender mischen eifrig an der Verwurstung der deutschen Sprache mit. So meinte kürzlich ein Kommentator während eines Eisschnellauf-Wettbewerbes, das Ergebnis sei erwartbar gewesen.
Man mag den Duden wälzen, wie man will, aber "erwartbar" wird man dort nicht finden. Etwas ist zu erwarten, nicht jedoch ist etwas erwartbar.
Eines muß man diesen Sprechern, deren Handwerk eigentlich das Sprechen sein sollte, lassen: Sie wissen mit der Sprache phantasievoll umzugehen! Nur darf man als gemeiner Zuschauer und Zuhörer nicht so "erwartbarig" sein, daß diese Leute noch immer wüßten, was sie sagen, wenn sie etwas sagen, das sie uns sagen müssen, obwohl es unsagbar bis unsäglich ist.
Wäre da nicht zu überlegen - oder gar überlegbar? -, diese Sprecher zu zwingen, sich ihre eigenen Kommentare so lange anzuhören, bis sie Besserung geloben?
Dieser Begriff läßt wieder einmal erkennen, welchen Unsinn Medien verbreiten und wie sehr er von Menschen gedankenlos nachgeplappert wird.
Denn wie soll man sich eine humanitäre Katastrophe vorstellen? Der Begriff humanitär besagt nämlich lt. Duden: menschenfreundlich, wohltätig. Und eine Katastrophe wird als Unglück(sfall) großen Ausmaßes, Verhängnis, Zusammenbruch bezeichnet. Demnach ist also eine humanitäre Katastrophe beispielsweise ein wohltätiges Verhängnis oder ein menschenfreundlicher Unglücksfall?
Offenbar mußte sich erst in den Köpfen der Medienmacher ein menschenfreundlicher Zusammenbruch einstellen, um zu solchen unsinnigen Ausdrücken zu greifen.
- "Ihr müßt sie Palmen sie umwandeln" - zweimal sie?
- "Pfeift eierm Hunde, wenn er sie ankläfft" - eierm?
(Spiegel, Projekt Gutenberg-DE)
Wer auch immer dafür verantwortlich ist, mit Tucholsky scheint er oder sie es nicht so sehr zu haben: schnell dahingeschludert und ab damit! Und im Internet findet man hie und da diesen Text mit exakt den gleichen Fehlern, da dem Spiegel leider noch allzuoft blindlings vertraut wird und sich alles ja so schön schnell mit "Copy & Paste" übertragen läßt.
Wie mag es wohl mit dem vielen, vielen anderen Texten aussehen, wenn schon in einem solch kleinen Gedicht Flüchtigkeitsfehler begangen werden. Oder befinden sich die Texte auf der Flucht - vor dem Spiegel? Zu verdenken wäre es ihnen nicht.
1. Alle Kriegsherren haben einen gemeinsamen Feind: die Wahrheit.
2. Kein Volk ist besser oder schlechter als dein eigenes.
3. Jeder Krieg ist eine Niederlage. Denn Krieg vernichtet Leben.
4. Wer Krieg im Namen Gottes führt, ist stets des Teufels.
5. Es gibt weder gerechte noch heilige Kriege.
(Kurt Tucholsky, "Wenn sie wieder lügen")
"2000 US-Soldaten und 30.000 Zivilisten starben im Irak" - so war es am 26. Oktober 2005 bei Spiegel Online zu lesen.
Welch ein "ausgewogener" Bericht: In den acht Absätzen des Artikels handeln fünf von den Toten unter den US-Soldaten und einer von den Toten unter der "Koalition der Willigen". Die 30.000 irakischen Zivilisten - Opfer unter den irakischen Soldaten gab es offenbar nicht? - scheinen beim Spiegel keinen hohen Stellenwert einzunehmen, wird über sie erst anschließend in einem einzigen Absatz näher eingegangen, um danach wieder der US-amerikanischen Soldaten zu gedenken und den Präsidenten George W. Bush mit den Worten zu zitieren: "Wir haben im Krieg gegen den Terror einige unserer besten Männer und Frauen verloren".
Bei einer solch verzerrten Wirklichkeitswahrnehmung muß man sich ernsthafte Sorgen um den Gesundheitszustand der Spiegel-Redakteure machen. So nimmt es auch nicht wunder, daß dieses rotweiße Boulevardmagazin seine Leser glauben läßt, der 11. September sei aufgeklärt und die US-amerikanische Aufforderung zum Kampf gegen den weltweiten Terrorismus gerechtfertigt.
Propaganda mission accomplished, Herr Aust - zurück ins Glied!
Wer diesen Unsinn nicht sehen möchte, weil er noch über genügend Verstand verfügt, sollte für mindestens drei Monate die GEZ-Gebühren erstattet bekommen - als Schmerzensgeld!
Sicherlich kann man in solche Berichte hie und da überflüssige Bilder einbauen, um Text und Bild synchron zu halten. Früher war diese Art und Weise allerdings kaum gebräuchlich: da wurde knapp gesprochen, der Zuschauer nicht mit zu vielen Bildern vom Inhalt abgelenkt und dem zu Befragenden sofort das Mikrofon unter die Nase gehalten. Weil man aber heute dieses Stolzieren fast ausnahmslos sieht, wirken die Berichte hölzern, als seien sie im 08/15-Format zusammengeschustert worden. Auch wirkt es recht albern, bisweilen sogar lächerlich, wenn diese Personen zum "Catwalk" ansetzen und dabei so tun, als bemerkten sie die laufende Kamera nicht.
Es sollte Katzen und Mannequins vorbehalten bleiben, sicheren Schrittes zu "catwalken".
- Catwalk
In den Medien wird die Stimmung gegen mögliche Schmarotzer noch mit Berichten wie "Kontrolle im Wohnzimmer - Mit Sozialdetektiven unterwegs" angeheizt. Daß es Schmarotzer gibt, steht außer Frage; allerdings wird mit solchen Berichten der Eindruck erweckt, als sei der Mißbrauch keine Ausnahme, sondern die Regel.
Auch wird nicht überprüft, ob solcher Mißbrauch möglicherweise aus einer Not heraus geschieht. Denn soviel Geld, wie oft suggeriert wird, ist das nicht: Sozialhilfe-, Hartz-IV- und Grundsicherungsempfänger verfügen als Haushaltsvorstand nach Abzug von Miete, Kranken- und Pflegeversicherung und GEZ-Gebühren netto über rund 350 Euro (Behinderte evtl. 50 Euro mehr). Diese Zahl muß man beachten und nicht die Bruttosumme, die bisweilen in den Medien herumschwirrt und den Eindruck erweckt, als erhielten die Leistungsempfänger so viel, daß sich das Arbeiten nicht lohne.
Von diesem Geld sind noch die monatlichen Telefon- und Stromkosten abzuziehen, bei bestimmten Haushalten auch (anteilig) Gas. Kleidung oder elektronische Geräte müssen ebenfalls davon bezahlt werden. Für alles andere, was ein Leben in dieser Gesellschaft ausmacht, muß man selbst aufkommen, da die Sozialbehörden dies als Luxus betrachten: mit Freunden ausgehen, Kinobesuche, Internet, Versicherungen, Urlaub etc. pp.
Zusätzlich werden die Leistungsemfänger in anderer Form benachteiligt: Aus dem ARD-Politmagazin Monitor, gesendet am 10.08.2000:
--- Zitatanfang ---
Prof. Hans-Georg Petersen, Universität Potsdam: "Es sind viele Gruppen entlastet worden, aber es sind einige entscheidende Gruppen auch mehr belastet worden. Zu diesen Gruppen gehören die Rentnerhaushalte, die Arbeitslosenhaushalte und die Sozialhilfeempfänger-Haushalte, weil bei ihnen alleine die entsprechende Mehrbelastung durch die Öko-Steuerreform greift, während sie einkommensteuerlich nicht entlastet werden können."
Weil Rentner wie Walter Lansink eben erst gar keine Einkommensteuer zahlen. Schröders Reform wirkt sich bei ihm so aus: 13.000 Mark Jahreseinkommen, Einkommensteuer gibt's keine zurück, aber durch die Öko-Steuer 120 Mark Mehrbelastung im Jahr.
--- Zitatende ---
(In der Zwischenzeit sind die Stromkosten drastisch angestiegen, so daß die Leistungsempfänger noch stärker belastet werden.)
- Monitor, Steuerreform - Familien und Rentner benachteiligt
(Leider ist im Monitor-Archiv der Beitrag bloß noch als PDF-Datei abzurufen. Und das auch nur, wenn man den Beitragsinhalt kennt und ihn über ein Stichwort in der Suchmaske findet. Allein über diesen Umweg gelangt man an bestimmte Berichte des seit 1998 geführten Archivs, da der Klick auf ältere Sendungen und Beiträge automatisch zurück zur Startseite führt. Das ist unfreundlich und inakzeptabel, werden dem interessierten Zuschauer, der mit seinen GEZ-Gebühren auch diese Politmagazine bezahlt, solche Informationen vorenthalten.)
Wäre Hetze hier nicht das richtige Wort der Wahl? Oder gar Volksverhetzung, wie sie das Strafgesetzbuch versteht:
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. zum Haß gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, daß er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Es scheint, als wollten Politiker, aber auch Wirtschaftsbosse und sonstige interessierte Kreise die Bevölkerungsschichten gegeneinander abgrenzen, um ja keine Solidarität und damit die Macht der Masse aufkommen zu lassen. Wie erstaunlich ist es, wenn ausgerechnet sie Kritik an hohen Managergehältern zum Sozialneid erklären und gleichzeitig armen Menschen eine Mitnahmementalität vorwerfen.
- Strafgesetzbuch, § 130 Volksverhetzung
- Labournet, "Faulenzer"-Debatte die x-te - Arbeitslose sind faul und die Erde eine Scheibe
- Prof. Rainer Roth, Zu den ökonomischen Hintergründen der Agenda 2010
- taz, 08.11.2005, Der denunzierte Sozialstaat
Date: Fri, 22 Jul 2005 21:36:52 0000
To: "3sat / Kulturzeit" <kulturzeit@3sat.de>
Subject: Divergente Meinungsfreiheit
Sehr geehrte Damen und Herren,
in Ihrer heutigen Sendung (22.07.2005) fragten Sie wieder einmal, wie dem Terrorismus zu begegnen sei. Einen ersten Ansatz dazu kann ich Ihnen gerne nennen.
Wie wäre es beispielsweise damit, daß Sie nach fast einem Jahr die falsche Behauptung von Ihrer Kulturzeit-Seite nehmen, daß "31 Prozent der deutschen Jugendlichen unter 30 Jahren glauben, dass Juden und Amerikaner hinter den Anschlägen vom 11. September stecken"? (Bericht "Septemberlügen", http://www.3sat.de/kulturzeit/themen/70263/) Denn Sie dürften doch in den vergangenen Monaten genügend Zuschauerpost erhalten haben, in der Sie auf diese falsche Behauptung hingewiesen worden sind.
"Die Zeit" hatte am 30.04.2003 eine Forsa-Umfrage veröffentlicht, in der unter anderem gefragt wurde: "Glauben Sie, dass die US-Regierung die Anschläge selbst in Auftrag gegeben hat?" Dies bejahten 31 Prozent der Menschen "unter 30".
Wie Sie erkennen, wurde nicht nach Juden und Amerikanern gefragt, sondern nach der US-Regierung.
Außerdem ist die von Ihnen aufgestellte Behauptung recht widersinnig, denn Sie werfen Religions- und Staatszugehörigkeit in einen Topf. Wie unsinnig das ist, erkennen Sie an der folgenden Fragestellung: Sind Deutsche und Christen verantwortungslos? Oder: Sind Moslems und Iraner schuldig?
Ich hoffe, Sie erkennen den Unterschied.
Worüber ich mich seinerzeit ebenso gewundert habe, war Ihre mangelnde Überprüfung der Zahlen (von denen ich nicht genau weiß, ob diese von Ihnen oder dem Wissenschaftler Lars Rensmann stammen, da Sie seine mögliche Behauptung nicht als Zitat gekennzeichnet haben). Während Sie nämlich bei jenen Autoren, die kritisch über den 11.9. schrieben (Gerhard Wisnewski, Matthias Bröckers, Andreas von Bülow), einen hohen Maßstab an deren Aussagen anlegten, schien das für die Wissenschaftler Lars Rensmann und Tobias Jaecker nicht zu gelten. Diese durften mühelos eine Kette vom 11.9. zu Verschwörungstheoretikern hin zum Antisemitismus bilden, ohne daß dies auch nur ansatzweise für eine Theorie gehalten wurde.
Der Skandal ist jedoch weniger, daß diese Jungwissenschaftler dies behaupten, sondern daß anscheinend bei 3sat gewünscht war, einen solchen Beitrag zu senden, um Skeptiker an der offiziellen Version des 11.9. in die rechte Ecke zu stellen. Von Kulturzeit hätte ich zu diesem Thema jedoch eher eine Auseinandersetzung denn Polemik erwartet. Zum Beispiel über die nach wie vor nicht vorhandenen Beweise - ich spreche nicht von Behauptungen! - der Tatverantwortung Attas & Co. Oder den ausgebliebenen Veröffentlichungen der Kamerabilder des Sheraton-Hotels, der Gas-Tankstelle, der Verkehrsüberwachung und des Pentagons selbst. Oder daß die vermuteten Attentäter über ein DNA-Ausschlußverfahren, jedoch nicht eine DNA-Identifikation ermittelt worden sein sollen. Warum höre ich hier von Ihnen lediglich in einem Halbsatz, die alles sei widerlegt, obwohl Ihre Behauptung doch gar nicht der Wahrheit entspricht?
(...)
Daß ich Ihnen erst jetzt diese Zeilen schicke, hängt mit Ihren Berichten zusammen, die Sie in den letzten Sendungen über Terrorismus und Meinungsfreiheit brachten. Wahrscheinlich ist es aber wiederum nicht konform, wenn ich Sie darauf hinweise, daß ich gerne von Ihnen einen Beitrag über Meinungsfreiheit hierzulande gesehen hätte, als der WDR öffentlich erklärte, dem Autorenduo Gerhard Wisnewski und Willy Brunner nach ihrer Dokumentation "Aktenzeichen 11.9. ungelöst" (20.06.2003, WDR) keinerlei Aufträge mehr zu erteilen. Für Freiberufler kann dies existenzgefährdend sein, zumal Wisnewski/Brunner aufgrund vieler Dokumentationen und Reportagen für den WDR sehr an diesen Sender gebunden waren.
(Übrigens findet sich auch auf den 3sat-Seiten eine Doku des Duos aus dem Jahre 2000: "Am Himmel gibt es keine Bremsspuren - Wie Flugunfälle aufgeklärt werden" http://www.3sat.de/kulturzeit/themen/70263/) [Hier nannte ich versehentlich eine falsche Adresse; die richtige lautet: http://www.3sat.de/service/pressetreff/20102001_9.html]
Auch sähe ich es gerne, wenn Sie über die ungesetzliche Inhaftierungen - von KZ-ähnlichen Zuständen darf man wohl nicht reden? - auf Guantanamo ebenso oft wie über den Terrorismus und dessen Umstände diskutierten. Denn es ist doch eine mangelnde Wahrnehmung der Wirklichkeit, wenn täglich in den Nachrichten über Terror berichtet wird, Menschen jedoch vor den Augen der Welt zu Rechtlosen erklärt und auf unbestimmte Zeit festgehalten werden - und das ausgerechnet von jenem Land, das eine große Demokratie sein will...! Ab wann darf man denn nach Ihrer Auffassung davon sprechen, daß in den USA eine Diktatur, wenn auch in leicht verändertem Gewand als in früheren, herrscht? Oder ist dies eine mangelnde Wahrnehmung der Wirklichkeit meinerseits?
Was die Herren Wisnewski und Brunner anbetrifft, so überlege ich, ob für Kulturzeit nur dann Meinungsfreiheit und mangelnde Obrigkeitsgläubigkeit gilt, wenn konformistische Journalisten in die Mühlen des System geraten? Zumindest stellt sich die Frage, wie ernst Ihre Beiträge über Meinung und Meinungsfreiheit tatsächlich zu nehmen sind, wenn man eine einseitige Betrachtungsweise feststellen muß.
Mit freundlichen Gruß
Marco Müller
Leider hielt es die "Kulturzeit"-Redaktion für unnötig, auf meine Zeilen in irgendeiner Weise zu reagieren. Etwa, indem sie erklärt hätte, weshalb sie an der offensichtlichen falschen Aussage des Herrn Lars Rensmann festhält, oder indem sie wenigstens die falsche Aussage korrigiert hätte.
Eine Nachfrage bei der Redaktion am 10.09.2005 blieb ebenfalls unbeantwortet, weshalb nun davon ausgegangen werden muß, daß "Kulturzeit" absichtlich an der falschen Aussage festhält.
Das wirft die Frage auf, was man bei "Kulturzeit" möglicherweise noch alles zurechtbiegt, um zu dem Welt- und Kulturbild zu kommen, das man der Zielgruppe zu übermitteln trachtet.
"Laut tagesschau.de gaben sich deutsche Soldaten in Bosnien als Journalisten aus, um Angehörige von Inhaftierten auszuhorchen. Statt als Artikel, wie den Betroffenen vorgelogen, erschien das Material dann als Geheimdienstbericht. Die Verwischung von Journalismus und Soldatenhandwerk kann freilich nur Laien überraschen." [mehr...]
Diese Verwischung von Journalismus und Soldatenhandwerk muß in der Tat nicht überraschen, erlebten wir doch ähnliches schon im letzten sogenannten Irakkrieg. Selbstverständlich war das kein Krieg, sondern der Überfall einer waffenstrotzenden Nation auf einen souveränen Staat. Ob es sich bei diesem souveränen Staat um eine echte Diktatur oder eine scheinbare Demokratie handelte, sei dahingestellt, denn die USA hatten noch nie Probleme mit diktatorischen Systemen, solange es die "richtigen" waren.
Man stelle sich vor, ein Dutzend junger Männer, gut bestückt mit Pistolen, Messern und Baseballschlägern, greifen einen Rentner an, der bestenfalls mit Worten statt mit Waffen umgehen kann. Wer würde hierbei glauben, es handele sich um eine Auseinandersetzung gleichstarker Gegner? Und wer wollte glauben, daß es zwischen den USA und dem Irak eine Auseinandersetzung zwischen ebenbürtigen Kräften, also einen Krieg gegeben hätte?
Die Dauer der Kampfhandlung kann ein Maßstab dafür sein, ob sich Gleichwertige auseinandersetzen. Insofern muß man sich fragen: Wenn die USA am 20. März 2003 den Irak angreifen und US-Präsident Bush am 1. Mai 2003 auf dem Flugzeugträger USS Abraham Lincoln sein "Mission accomplished" verkündet, sollte man dann wirklich davon ausgehen, es habe ein fairer Kampf stattgefunden, in dem der eine den anderen niedergerungen hat?
Daß dennoch nicht wenige Menschen glauben, es handelte sich um einen Sechswochenkrieg und nicht um das, was es tatsächlich war, nämlich eine Provokation, ein Überfall, ein von vornherein sicherer Sieg über einen völlig unterlegenen Gegner, liegt nicht eben wenig an der Berichterstattung jener Journalisten, die die US-Streitkräfte im "Kampf" begleiteten. "Embedded" oder "eingebettet" nannte man das. (Halb zog man ihn, halb sank er hin?) Allerdings wäre es töricht von den Lesern und Zuschauern gewesen, hätten sie von solchen Journalisten erwartet, daß diese dennoch knallhart, kritisch und neutral von dem Geschehen berichten. Dieses Geschehen, daß kein Krieg war, sondern nur ein weiterer Raubüberfall jener Militärmacht, die ihren Terror und ihr Morden als Verteidigungsmaßnahme verklärt und Begriffe wie Demokratie und Freiheit für ihre Machtansprüche instrumentalisiert.
Saddam Hussein hatte damals seine guten Gründe, Kuweit zu überfallen, denn gute Gründe lassen sich jederzeit finden, selbst wenn sie noch so absurd sind. Etwa die Behauptung, Deutschland müsse auch am Hindukusch verteidigt werden. Ein Journalist sollte solchen rhetorischen Unfug keinesfalls durchgehen lassen, und erst recht sollte sein Handwerk nicht darin bestehen, sich immer wieder bei den Mächtigen anzubiedern, um mit tösenden Elefantenschlagzeilen zu glänzen, obwohl sich dahinter nur müde Mückengeschichten verbergen.
Verkleiden sich Soldaten als Journalisten, oder sind Journalisten nicht längst zu Soldaten geworden: der Anzug als Uniform, das Mikrofon als Waffe, die Meinungshoheit als Hoheitsmeinung?
Nachtrag: Letzter Absatz neu verfaßt. Der Artikel wurde am 29.12.2005 mit dem Titel "Journalismus: Das Mikrophon als Waffe" auf www.gerhard-wisnewski.de veröffentlicht.
"Either you are with us, or you are with the terrorists." George Bushs vielzitierte Aussage scheint auch der Leitspruch vieler deutscher Meinungsblätter geworden zu sein. Und so werden diejenigen, die sich ganz demokratisch das Recht zur Kritik bewahrt haben, wie etwa im Falle des 11. Septembers Gerhard Wisnewski, Mathias Bröckers, Andreas Hauß, Andreas v. Bülow oder die vielen Ungenannten, von solchen Meinungsblättern als Spinner und Paranoide dargestellt.
Doch wie demokratisch kann ein Land sein, wenn die Medien ihre Kontrollfunktion nach und nach aufgegeben und sich bei den Regierenden anlehnen, auf daß sie ihnen gewogen sein mögen? Man erinnere sich an Wolf Schneider, der in Unsere tägliche Desinformation schrieb, daß die Medien zwar nicht bestimmen, was wir denken sollen, aber worüber.
Denken wir eben ein bißchen anders und über den Rand von Spiegel, Bild & Co. hinaus:
- Gerhard Wisnewski
- Mathias Bröckers
- Andreas Hauß
- Junge Welt
Was stört Sie bei Springer und Bild so sehr: die politische Einseitigkeit oder solch unseriöse journalistische Praxis?
Der Machtmissbrauch. Die infame Hetze. Dass Neidgefühle geschürt werden. Dass die Fakten wider besseres Wissen einfach weggelassen werden. Bild ist publizistische Umweltverschmutzung und leider für viele Unbedarfte und Abgebrühte trotzdem Leitmedium, obwohl doch der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil zu meinen Gunsten Bild eindeutig als eine "Fehlentwicklung im deutschen Journalismus" bezeichnete.
--- Zitatende ---
Günter Wallraff, befragt von der taz am 21.11.2005:
"Bei Wahlen macht ,Bild' immer Politik für die Rechten".
Ein Vorschlag für die nächste "Bild dir deine Meinung"-Kampagne:
